1. Preis ( 3.000 €) : Anne Heilmann, Vor dem Wind
Die aus zwei Teilen bestehende Installation ist die künstlerische Übertragung von zwei Ausschnitten einer Wetterkarte: Ein Böeneinfall in der Passatwindzone und ein Tiefdruckgebiet des Nordatlantiks wurden mittels Verknüpfungen von Tampen – speziellen Seilen, die traditionell beim Segeln Verwendung finden – als Raumzeichnung dargestellt. Auf diese Weise entstand ein Netz mit teils unterschiedlich stark verdichteten, teils gänzlich offenen Stellen.Ein weiterer Bestandteil sind eigene Texte der Künstlerin, die auf Schildern zu lesen oder über einen QR-Code hörbar sind.
Inspiriert von einer siebenmonatigen Reise auf einem Segelschiff gelingt es der Künstlerin, die poetische Sprache ihrer Texte mit der Knüpfarbeit auf subtile und stimmige Weise zu verbinden. Von ihrer subjektiven Erfahrung ausgehend, entsteht ein Kunstwerk, das bei der Betrachtung und beim Zuhören berührt und Assoziationen auslöst. Nicht nur für Segelnde, sondern für alle Menschen sind Wetter- und Windvorhersagen von großer Bedeutung. Anne Heilmann lotet ihre persönlichen Empfindungen von Winden unterschiedlicher Intensität aus und öffnet für die Rezipienten einen Reflektionsraum zum Thema Wind.
Jurytext von den Jurorinnen.
2. Preis (2.000 €): Piotr Wesolowski, Karola Konieczny und Aleksander Bryk "Catch me if you can"
Schon von weitem ist die circa 8 m hohe Installation auf dem Helfenberg zu sehen. Ein Gerüst umfängt und fixiert die aus Bambusstreifen geflochtene Hohlform in Gestalt eines Tornados, dessen schlauchartiges Ende mit dem Boden verbunden ist. In einer Windung verbreitert sich die Form nach oben und ist zum Himmel hin offen.
Der Künstlerin und den beiden Künstlern ist es gelungen, die zerstörerische Kraft dieses Windphänomens zum Ausdruck zu bringen und gleichzeitig dem – meist vergeblichen - menschlichen Bemühen, es zu bändigen und zu begrenzen, eine Form zu geben.
Angesichts des Klimawandels und der damit verbundenen zunehmenden Extremwetterlagen ist diese Installation von eindringlicher Wirkung und politischer Aussagekraft. Die fast ausschließliche Verwendung von Naturmaterialien ist konsequent.
Jurytext von den Jurorinnen.
3. Preis (1.000 €) Ralf Witthaus, Perpetuum
Zwei in Kurven verlaufende, sich immer wieder kreuzende Wege bilden in drei Etappen eine „Klammer“ zwischen den beiden Ausstellungsorten. Sie wurden mit Akku- und Motorsensen in den Bodenbewuchs geschnitten – bis zur Grasnarbe, so dass die Wege sich in braunem Erdton von der grünen Umgebung absetzen und deutlich zu erkennen sind, sogar aus der Ferne. Wie bei anderen „Rasenmäherzeichnungen“ ist dem Künstler auch hier der Ortsbezug wichtig und gelungen. Landschaftserleben und Kommunikation gehen eine Verbindung ein, zum einen bereits in der Phase der Realisierung durch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in schwarz-weißer Kleidung, zum anderen dann bei der Begehung der Wege durch die Besucherinnen und Besucher.
Sowohl in der vom Künstler gewählten Grundform des Symbols für die Unendlichkeit als auch im Titel Perpetuum (lat. für fortlaufend, dauerhaft, ewig) kann eine Analogie zum Phänomen des Windes gesehen werden.
Jurytext von den Jurorinnen.
Sonderpreis ( 1.000 €) Ria Gerth, Stille
Die Kamera gleitet über ein blühendes Rapsfeld, der Horizont ist weit. Farbfilter erzeugen flirrende Gelb- und Grüntöne. Das Idyll wird jäh durch eine Detonation zerstört, die sich als bläulicher Rauchschwaden am Ackerrand ausbreitet. Kaum verflogen, zieht die Kamera weiter, bis sich eine weitere Detonation ereignet. Das Video endet mit Stille über dem Rapsfeld.
Mit dieser dichten und präzise konzipierten Videoarbeit bezieht sich die Künstlerin auf den Ausbruch des Krieges in der Ukraine, der jegliche Hoffnung auf dauerhaften Frieden in Europa zunichte machte, Menschenleben fordert, Nahrungsketten in der Agrarwirtschaft stört und Natur zum Kriegsgebiet werden lässt.
Das Video Stille erhielt den Sonderpreis aufgrund seiner hohen künstlerischen Qualität.
Jurytext von den Jurorinnen.
Preisverleihung und Finissage
Landschaftsausstellung vom 13.-27.8.2023 in Wolfhagen – Nothfelden und Philippinenburg
Mit fast 50 Installationen, Videos, Performances von Künstlerinnen und Künstlern aus 13 Ländern. Veranstalter ist der Verein „bewegter wind“, der mit Unterstützung vom Landkreis Kassel, der Stadt Wolfhagen und Unterstützern die Ausstellung im Windkunstland Nordhessen realisiert. Ein ehrenamtliches Helferteam aus der ganzen Region ermöglicht zusammen mit den Förderern, daß die Ausstellung für alle rund um die Uhr kostenlos zugänglich ist und so auch viele Interessierte über die Kunstszene hinaus erreicht.